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Johann Heinrich Karl Kullmann 1907 – 1935

 

               

 

 

 

In der Zeit bis September 1907 übernimmt der Pfarrer Breunlin von Trais-Horloff das Spezialvikariat in Berstadt.

Geboren wurde er am 26.3.1866 zu Frischborn als Sohn des Pfarrers Bernhard Kullmann. Er war von 1893 - 1895 Vikar in Trebur, 1895 - 1897 in Rodheim bei Nidda, 1897/98 Verwalter und 1898 - 1907 Pfarrer in Altenschlirf im Dekanat Lauterbach, von wo er die Berstädter Pfarrstelle antritt. Die endgültige Übertragung der Pfarrstelle datiert er selbst im Kirchenbuch auf 1908. Nachdem sich der Kirchenvorstand für ihn eingesetzt hatte, wurde er am 29.09.1907 zum Pfarrer von Berstadt gewählt.

Am 18. September 1895 predigte Kullmann als Rodheimer Pfarrvikar als Gastprediger während des Missionsfestes in Berstadt.

 

 

Vom Södeler Kirchenstreit

Theodor Werner von Lißberg ist Pfarrer in Södel von 1900 bis 1907. Werner endet mit seinen Eintragungen in die Kirchenchronik 1907. Er wird Religionslehrer an der Augustinerschule in Friedberg.

1908 führt Pfarrer Niehs (Melbach) als Spezialvikar die Amtsgeschäfte, der sogleich großen Ärger wegen des Pfarrgutes bekommt. Danach folgt sogleich ein zweiter Krach, da die Kirchenleitung den Plan hegt, kleinere Pfarreien zusammenzulegen, in diesem Falle Melbach und Södel. Die Kirchengemeinde Södel beantragt daraufhin in einem sehr langen Brief, die Pfarrstelle wieder zu besetzen. Als dann aber in der in Friedberg erscheinenden neuen Tageszeitung ein Artikel erscheint, daß u.a. die bisherige Pfarrei Södel eingegangen sei, eskaliert der Konflikt. Der Pfarrer schreibt eine Gegendarstellung in der Zeitung, die auch bereits montags erscheint, aber am Wochenende hatte man sich in den Wirtshäusern, wie Niehs betont, die Köpfe heiß geredet. Weitere Zeitungsartikel erscheinen, und auch in den Nachbargemeinden wird mitgemischt. Schließlich entsteht eine Verschwörungstheorie, die besonders von dem Berstädter Pfr. Kullmann du rch einen langen Leserbrief angeheizt wird: "Ferner ist von vielen Seiten behauptet worden, was ich freilich im einzelnen nicht beweisen kann, daß sich sozialdemokratische Elemente, auswärtige und einheimische, der Sache agitatorisch bemächtigt hätten." Am 09.09.1908 wird eine Bürgerversammlung auf dem Rathaus in Södel einberufen, welche den o.a. Kirchenstreit endgültig auf die Spitze treibt. Ultimativ wird die Kirchenleitung [damals: das Oberkonsistorium] aufgefordert, die Pfarrstelle in Södel zu besetzen oder man trete aus dem Verband der Landeskirche aus. Und dann am Sonntag traf der Pfarrer vor der Kirche "einen Haufen Leute, jung und alt, am Kreuz, in Werktagskleidern, viele die Pfeife oder die Zigarre im Mund... Es waren auch Plakate an dem Geländer vor der Kirche angebracht mit der Aufschrift: der Kirchgang ist bis auf weiteres verboten." Immerhin erreichte man so eine Bürgerversammlung mit Kirchenpräsident Nebel und Superindentante n Petersen. Allerdings betont Niehs dann, daß der Erfolg gleich null war, was auch sein an die Neue Tageszeitung eingesandter Artikel beweist. Schließlich erscheint in der gleichen Zeitung am 29.09. eine polemische Schrift mit der Frage: Erzieht das hess. Oberkonsistorium Sozialdemokraten ?, was den "Fall Södel" sogar in den Landtag bringt. Schließlich setzt Kullmann mit dem Leserbrief vom 09.11.noch einen drauf und erklärt den Södler Kirchenkampf zum sittlichen Streik gegen das Oberkonsistorium. Darauf sieht sich Niehs genötigt, sich von dem Amtskollegen zu distanzieren.

Dieser Zeitungskrieg und die Rede des Abgeordneten Wolf-Stadecken im Landtag beschert Kullmann eine Vorladung nach Darmstadt und eine Kehrtwendung um 180°. Zudem wird Kullmann von ganz rechts außen angegriffen: "Diesem Herren wird ja sicher der Zuwachs der Sozialdemokratie auf Kosten der `reaktionären Agrarier` als das kleinere Uebel erscheinen." Schließlich kommt es zu einem "Schlußwort zu dem Zwischenfall Kullmann." Endlich erklärt das Großherzogliche Oberkonsistorium in Darmstadt in einem Brief vom 20.11.1908, daß es nie die Absicht hatte, die "Pfarrei Södel eingehen zu lassen."

 

 

 

1914 bekommt er ein Verfahren wegen Bedrohung, als er bei Kriegsausbruch den Ort absperrt und mit vorgehaltener Pistole kontrolliert. 1916 sammelt er in Berstadt 1.200 Mark Goldgeld, lauter 20 und 10-Markstücke, die er in Friedberg gegen Papiergeld eintauscht. Im Jahr 1918 bringt es seine patriotische Sammlung nur noch auf 79 Mark.

Er schreibt eine sehr patriotische und ausführliche Geschichte des 1. Weltkrieges.

Ende Juli 1924 wird Pfr. Waldeck aus Wohnbach zum Pfarrverwalter in Lang-Göns ernannt und die Pfarrstelle von Wohnbach durch Pfr. Kullmann aus Berstadt übernommen, der sich darüber erregt, daß die Katholiken zu Lich und Nidda neue Pfarreien errichten, während die Evangelischen diese abbauen.

Als fanatischer Deutschnationaler bekämpft er alle vermeintlichen kommunistischen und sozialistischen Bestrebungen, gerät aber auch aus Überzeugung mit den Nazis bald in Streit: "Der freie Platz in unserem Dorf trug seit alten Tagen den Namen Tanzhof, und in diesem Namen lag zweifellos ein beziehungsreiches Stück Lokalgeschichte. Mit dem Siege der nationalsozialistischen Bewegung mußte leider diese lokalgeschichtliche Erinnerung fallen, sofern dieser Platz fortan Adolf-Hitler-Platz genannt werden soll. Das ist zwar unglaublich, aber wahr."

Kullmann berichtet vom Röhm-Putsch und merkt an, daß in Langsdorf in derselben Nacht SS-Leute den Juden Oppenheimer tot schlugen und seine Familie schwer verletzten. Er betont, daß dieser Fall nicht polizeilich untersucht wurde.

Den 31.10.1934 hält Kullmann einen Bekenntnisgottesdienst, in dem er die Bekenntnisschrift der ev. Kirche von Berlin-Dahlem verliest. Pfr. Eitel aus Wölfersheim feiert am 15.11.1934 einen Bekenntnisgottesdienst vor 600 Personen. Kullmann hatte bereits am 20.08. des Jahres um seine Versetzung in den Ruhestand ersucht, was ihm 3 Tage später gewährt wurde. Die Pfarrstelle wird nun von Pfr. Lenz aus Wohnbach verwaltet. Aber noch am 26.08. ermahnt ihn der Nazi-Landesbischof: "Seitens der Kreisleitung der NSDAP in Büdingen wird gegen Sie Klage geführt, daß Sie nicht mit dem Deutschen Gruß grüßten, daß Sie den Nationalsozialismus in der Schule nicht förderten und daß Sie bei der Gedächtnisfeier für den Reichspräsidenten von Hindenburg des Führers mit keinem Wort gedacht hätten." Kullmann fährt in seinen Aufzeichnungen fort mit Häme und der Bemerkung, daß er bereits um seinen Absc hied ersucht habe. Ansonsten denkt er aber keinesfalls an Ruhestand, sondern betätigt sich nach dem Fund des staufischen Sockellöwens als Hobbyarchäologe, läßt u.a. das Kirchenchor ausschachten bis in eine Tiefe von 2,40 m, wobei er zwar allerhand findet, aber auch manches zerstört, was ihm eine Rüge des Landesdenkmalpfleger einbringt, die er aber zurückweist.

Kullmann ist der erste und bisher einzige Berstädter Pfarrer, der den ungeheuren Durst seiner Schäfchen noch übertrifft, vgl. die berühmte Episode der Beerdigung zu Steinheim.

"Am 2. April 1940 starb der frühere Pfarrer der Gemeinde Johann Heinrich Karl Kullmann dahier in Berstadt im Alter von 74 Jahren und wurde am 5. April nachmittags 3 1/4 Uhr unter großer Anteilnahme der Gemeinde begraben. Dem Begräbnis ging eine kurze Trauerfeier in der Kirche voraus, wo der Sarg aufgebahrt war."

 

 

 

 

 

Kullmanns Geschichte des 1. Weltkrieges:

"Im Laufe des Sommers und Herbstes [1911] wurden die Gemüter oft von Kriegsgerüchten in Erregung gesetzt. Ganz grundlos waren diese Gerüchte nicht, denn das Deutsche Reich war mit Frankreich wegen Marokko in Verhandlungen getreten, die sich ungewöhnlich lange hinzogen und bei denen es sich zweifellos um die Frage von Krieg oder friedliche Verständigung handelte. In hiesiger Bevölkerung wurde die Absicht Englands, sich einzumischen, mit starkem Unwillen verurteilt. Das Leidige, diese Erregung fördernde war die Tatsache, daß unsere Regierung keinerlei Aufklärung gab. Nun wurden aber im November 1911 die Verhandlungen durch ein Abkommen auf friedlichem Wege abgeschlossen und wir können es der Reichsregierung nicht genug danken, daß sie in schwerer, ernster Stunde unserem Vaterlande den Frieden bewahrt hat und wollen hoffen, daß dieser Vertrag mit unserem westlichen Nachbar der Anfang weiterer friedlicher Verständigung is t. Dann ist er nicht nur für uns, sondern für ganz Europa ein Segen.

Während wir noch bezüglich der Marokko-Angelegenheit bangten und sorgten, wurden wir durch den sehr schnell und unerwartet ausgebrochenen Krieg zwischen Italien und der Türkei sehr überrascht. Dieser Krieg drehte sich um die türkische Provinz Tripolis in Afrika. Die Italiener sollen bis jetzt wenig Glück in ihren kriegerischen Operationen gehabt haben und bekommen dies von hiesiger Bevölkerung ehrlich gegönnt und zwar aus dem Grunde, weil sie völlig grund- und rechtlos die Türkei überfallen haben. Diese Volksstimmung ist ein Zeugnis von dem Gerechtigkeitsgefühl, das in unserem deutschen Volke stark und lebendig ist. Indes das Glück der Waffen ruht nicht immer auf den Seiten des Rechts, sondern auf den Seiten der Macht. Die Türkei, in deren Heer zweifellos politische Gegensätze bestehen, ist auch finanziell wenig stark genug, um einen modernen Krieg mit Erfolg durchzuhalten. Sie mußte Tripolis an Italien abtre ten, zumal mit Beginn des Jahres 1912 über den Balkanvölkern schwere Gewitterwolken aufstiegen, die sich dann auch im Spätherbst entluden. Bulgarien, Serbien, Montenegro und Griechenland erklärten den Krieg, nachdem sie kaum den Frieden mit Italien geschlossen hatten. Entsetzliche blutige Schlachten wurden geschlagen, die so ziemlich alle zu Ungunsten der Türkei verliefen. Für Europa besteht die ernste Sorge, daß dieser Krieg auch die Großmächte mit sich fortreißt. Jedenfalls sind der Diplomatie in dieser Richtung sehr ernste und schwierige Aufgaben gestellt.

Noch ist der Frieden zwischen den Balkanstaaten und der Türkei nicht abgeschlossen, der, das steht fest, die Türkei mit Ausnahme von Konstantinopel aus Europa nach Asien verdrängt, und schon glüht die Kriegsfackel aufs Neue im europäischen Orient, sofern die Sieger wie so oft bei Verteilung der Beute in Streit geraten scheinen. Die europäische Politik besteht zweifellos eine schwere Belastungsprobe. Dem einfachen Christen löst sich aus der Seele der ehrliche Seufzer los: Ach wie weit sind wir noch entfernt von der Wirklichkeit dessen, was Weihnachten als Evangelium verkündet: "Friede auf Erde"! Dieser Krieg, an dem sich auch Rumänien durch den Einmarsch seiner Truppen in bulgarisches Gebiet beteiligte, endete mit Bulgariens Niederlage. Auch die Türkei nutzte diese Gelegenheit und eroberte das schon preisgegebene Adranopel zurück. So kam Bulgarien, das im Krieg gegen die Türkei zweifellos die größten Opfer an G ut und Blut gebracht hatte, schließlich bei der Verteilung der Beute am Schlechtesten weg. Ob der Friede von Bukarest dauernden Frieden bringt, muß sehr fraglich erscheinen.

Am 28. Juni 1914 wurde in Sarajewo eine grauenvolle Tat ausgeführt, sofern böse Mordgesellen den österreichischen Thronfolger und seine Gemahlin, die Herzogin von Hohenberg, mit Revolver und Bomben ermordeten. Sprechen hier auch politische Motive mit, so muß sich doch alles, was Menschenanlitz trägt, mit Abscheu und Entsetzen von einer solchen Untat abwenden. Es bleibt abzuwarten, ob für Serbien dieses fürchterliche Ereignis nicht schwere politische Folgen hat. Österreich hat an die serbische Regierung ein sehr schroffes Ultimatum gerichtet und man fürchtet, daß durch dieses Attentat ein europäischer Krieg ausbrechen kann. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen. Schenke, vielmehr bewahre der treu Gott Europa den Frieden!

Es ist anders gekommen. Österreich hat Serbien den Krieg erklärt und Rußland, von Frankreich aufgehetzt und mit reichlich Geld versehen, hat gerüstet und nicht bloß gegen Österreich, sondern auch gegen Deutschland. In den letzten Tagen des Juli verhandelte der Zar mit unserem Kaiser und bat ihn um Vermittlung zwischen Rußland und Österreich, was unser Kaiser sofort versprach. Aber derselbe Zar ließ gleichzeitig 16 Armeekorps gegen Deutschland mobilisieren – eine schamlose, unehrliche Handlungsweise. Am 31. Juli erklärte unser Kaiser Deutschland im Kriegszustand und richtete am 1. August morgens ein Ultimatum an Rußland. Da Rußland keine Antwort gab, befahl er am selben Tage abends 6 Uhr die Mobilmachung der Armee. Da auch England uns den Krieg erklärt hat, so haben wir nach drei Fronten zu kämpfen. Es ist eine ernste, schwere Zeit, aber die Begeisterung im Volk ist groß und Gott wird unsere gerechte Sache sch on zu einem guten Ende führen.

Der Berichterstatter war gerade im Urlaub, als die Mobilmachung befohlen wurde. Er kehrte am 2. August zurück und hielt am 3. August vormittags 9 Uhr einen Gottesdienst mit Abendmahl für alle, die in den Krieg ziehen müssen. Am 9. August war allgemeiner Bettag angeordnet worden. Die Collecte für das "Rote Kreuz" betrug 267 Mark. Eine von Herrn Lehrer Gremm (?) erhobene Hauscollecte für denselben Zweck ergab 252 Mark.

Am 7. August wurde unter Führung des Generals von Einem die belgische Festung Lüttich im Sturm genommen, ein gutes Zeichen für die Offensivkraft unseres braven Heeres.

Am 10. August wurde anscheinend das VII. französische Corps und eine Division der Besatzung von Belfort bei Mühlhausen im Elsaß von unseren Truppen zurückgeworfen. Der Feind, der auf 70.000 bis 75.000 Mann geschätzt wurde, erlitt schwere Verluste, während die unsrigen unerheblich waren.

Am 17. und 18. August mußte auch der Landsturm II. Aufgebots einrücken und die Dörfer werden immer leerer. Wenn nur die Ernte, die trotz aller anfänglichen Befürchtungen gut ist, rechtzeitig und gut eingebracht werden kann!

Am 11. August griffen unsere Sicherungstruppen Lagarde in Lothringen eine gemischte Brigade des französischen XV. Korps an und schlugen diese unter schweren Verlusten in den Wald von Parroy, nordöstlich von Luneville zurück. In die Hände unseren tapferen Truppen fielen eine französische Fahne, zwei Batterien und vier Maschinengewehre. Ein französischer General ist gefallen und 700 Franzosen wurden gefangen genommen.

Etwa 200 gefangene Franzosen (aus der Schlacht von Mühlhausen i. E.) wurden zu Frankfurt/Main in der Bethmann-Schule vorläufig untergebracht. Augenzeugen berichten, daß die französischen Soldaten sehr schlechte Uniformen und Schuhe gehabt hätten. Sollte Frankreich nicht gerüstet sein?

In Lüttich wurden 3.000 bis 4.000 belgische Soldaten gefangen genommen. Gerade zu schwach und jammervoll ist die Tatsache, daß sowohl der Zar als auch der Präsident von Frankreich in verschiedenen Kundgebungen die Tatsachen auf den Kopf stellen und im Bunde mit England auch sonst allerlei Lügen über Deutschland verbreiten. Aber Lügen haben kurze Beine.

Unsere Erfolge bei Lagarde und Mühlhausen sind tatsächlich größer als der "Große Generalstab" es anfangs meldete. Bei Lagarde wurden 1.000 unverwundete Franzosen gefangen genommen und bei Mühlhausen 10 Offiziere und 513 Mann, sowie 4 Feldgeschütze und 10 Wagen erbeutet.

Unser geliebter Landesherr, Großherzog Ernst Ludwig, ist am 15. August zur Armee gereist und hat folgenden sehr beachtlichen Aufruf an seine Hessen ergehen lassen:

"An mein Hessenvolk !"

Jetzt, wo ich im Begriffe bin, zu den Brüdern, die im Felde sind, zu gehen, die im heißen Kampfe für die Freiheit des deutschen Geistes, des deutschen Volkes und unseres geliebten Hessenlandes stehen, grüße ich Euch noch einmal all: auch meine geliebten Hessenkinder, die ich über alles liebe. Jeder Mann und jede Frau, alle, die ihr zurückbleibt, seid nötig an unserer Stelle. Arbeitet mit frohem Mut. Niemand bleibe müßig; so werdet ihr zu Hause das erhalten können, wofür unsere Soldaten ihr Alles und ihr Leben opfern, das strahlende deutsche Reich, in dessen stolzer Krone mein Hessenland eine der leuchtesten Perlen ist. Gott grüße Euch !

Ernst Ludwig

Die dritte Macht des Dreibundes, Italien, bleibt neutral. Ob diese Haltung dem Vertrage entspricht, kann niemand sagen. Jedenfalls wird Italien von England und Frankreich stark umworben zu dem Zwecke, aus der Neutralität herauszutreten, d.h. aber dann nichts anders, als seine Bündnistreue mit Füßen treten. Italien hat aber schon einmal, wie Fürst von Bülow sich ausdrückte, seine Extratour getanzt und zwar in der Marokkokrisis, wo es in Algeciras auf die Seite der Gegner Deutschlands trat, so daß auf Deutschlands Seite nur Österreich-Ungarn stand. Ob es in dem furchtbaren Ernst unserer Zeit nicht wieder sich eine Extratour erlaubt ? Nach der bisherigen schwankenden Haltung dieses Landes ist diese Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen. Dann würde unsere Lage noch um einige Grade ernster.

Auch gegen Rußland sind die deutschen und österreichischen Truppen bisher siegreich gewesen. Schlimmer noch für Rußland dürfte die diesjährige Mißernte, sowie die Tatsache sein, daß die Polen, Ukrainer und Finnen offen gegen Rußland Partei ergreifen. Wenn in Rußland selbst noch der Hunger die Menschen zur Verzweiflung treibt, dann ist mit einer Revolution in Rußland zu rechnen, die dann unser bester Bundesgenosse wäre.

Am 17. August kämpften Teile des I. Armeekorps bei Stallunpönen gegen russische Streitkräfte und errangen durch unvergleichliche Tapferkeit den Sieg. Mehr als 3.000 Gefangene und 6 Maschinengewehre fielen in deutsche Hände. Viele weitere russische Maschinengewehre wurden unbrauchbar gemacht. Rußland gibt Finnland preis, weil ihm dort wie in Polen der Boden unter den Füßen zu heiß wird.

Die Stimmung in Paris soll gedrückt sein; man soll einen französischen Sieg für ausgeschlossen halten. Das perfide Albion hat nun auch erlaubt, daß Japan die Übergabe von Kiatschou verlangt. Wenn hier die Vereinigten Staaten von Nordamerika nicht hindernd in den Weg treten, dann sind unsere Schiffe und Truppen im Pachtgebiet verloren. Ebenso nichtswürdig von England ist es, daß es die Schwarzen in Afrika zum Aufstand gegen die Deutschen aufreizt. Aber es sollte bedenken, daß die Gelben und die Schwarzen sich ebensogut auch gegen die Engländer und Franzosen wenden können. Die Kriegserklärung Japans an Deutschland dürfte in den ersten Tagen erfolgen.

Am 19. August fanden an der Westgrenze zwei für unsere Truppen sieghafte Gefechte statt. Bei Pervez (nördlich von Namur) wurde die 5. französische Kavalleriedivision unter schweren Verlusten von unserer Kavallerie zurückgeworfen. An dem selben Tage schlugen bairische und badische Truppen die bis Weiler vorgedrungene 55. französische Infantriebrigade, brachten ihr große Verluste bei und warfen sie über die Vogesen zurück.

Am 20. August sind die deutschen Truppen in Belgiens Hauptstadt eingerückt, nachdem vorher König Albert mit seiner Regierung nach Antwerpen geflohen war. Der Einnahme von Brüssel ging der Kampf bei dem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Tirlemont in der belgischen Provinz Brabant voraus, die mit einer Niederlage unser Feinde endigte.

Unsere Truppen eroberten dabei eine schwere Batterie, eine Feldbatterie und eine Fahne und machten dabei 500 Gefangene.

Am 21. und 22. August wurden die auf mehr als 8 Korps geschätzten Franzosen zwischen Metz und den Vogesen auf einem Schlachtfeld von 100 km Ausdehnung von der unter Befehl des Kronprinzen Ruprecht von Bayern stehenden Armee besiegt. Der Rückzug der Franzosen artete in Flucht aus. Bisher wurden mehr als 10.000 Gefangene gemacht und mindestens 50 Geschütze erobert.

Am 23. August hat der Kronprinz mit seiner Armee nördlich von Metz zu beiden Seiten von Longwy die Franzosen zurückgeworfen. Vor Lamur, dicht an der französischen Grenze, donnern seit 21. August die deutschen Geschütze.

Am 23. August ist unser 21. Korps in Luneville eingerückt. Am selben Tage hat Herzog Albrecht von Württemberg mit seiner Armee eine über den Semois vorgedrungene französische Armee vollständig geschlagen. Bei Monbeuge wurde eine englische Kavalleriebrigade geschlagen.

Am 25. August wurde Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz zum Generalgouverneur von Belgien ernannt und mit der Verwaltung der okkupierten Teile des Königreichs Belgien betraut.

Am 26. August sind sämtliche Forts von Namur gefallen. Ebenso ist Longwy nach tapferer Gegenwehr genommen. Desgleichen ist jetzt auch Ober-Elsaß vom Feinde geräumt worden.

Am 26. August warf ein Zeppelinluftschiff 8 Bomben auf Antwerpen und zerstörte die Gasanstalt. Vier belgische Divisionen, die einen Ausfall machten, wurden zurückgeworfen.

Am 27. August hat die Armee des Generalobersten von Gluck die englische Armee bei Monbeuge geworfen und sie südwestlich von Monbeuge unter Umfassung erneut angegriffen.

Die österreichischen Truppen haben mit zäher Tapferkeit die an Zahl überlegenen russischen Streitkräfte bei Krasnick in dreitägiger Schlacht völlig besiegt. Sie machten dabei 3.000 Gefangene und erbeuteten 3 Fahnen, 20 Geschütze und 7 bespannte Maschinengewehre.

In Ostpreußen sind starke russische Truppenmassen in der Richtung Insterburg eingedrungen. Man erwartet dort eine große Entscheidungsschlacht. Diese ist laut Bericht vom 29. August geschlagen worden. Unsere Truppen haben unter Führung des Generalobersten von Hindenburg die vom Narew vorgegangene russische Armee in Stärke von 5 Armeekorps und drei Kavalleriedivisionen in dreitägiger Schlacht in der Gegend von Gilgenburg-Ortlesburg geschlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

Laut Meldung vom 28. August ist Mansville, das stärkste Sperrfort der Franzosen, in deutschem Besitz.

Am 28. August wird gemeldet, daß die englische Armee mit drei französischen Territorialdivisionen nördlich von St. Quentin von der Armee des Generalobersten von Kluck vollständig geschlagen wurde und sich fluchtartig über St. Quentin zurückzog. Mehrere tausend Gefangene, 7 Feldbatterien und eine schwere Batterie fielen in unsere Hände. Diese Nachricht von Albions Flucht und Niederlage hat in ganz Deutschland hellsten Jubel ausgelöst.

Südöstlich Mezicres haben unsere Truppen unter fortgesetzten Kämpfen in breiter Front die Maas überschritten. Unser linker Flügel hat nach 9tägigen Gebirgskämpfen die französischen Gebirgstruppen, auf die Frankreich so stolz ist, bis östlich Epinal zurückgetrieben und befindet sich in weiterem siegreichen Fortschreiten.

In Frankreich und Belgien ist die Zivilbevölkerung selbst bewaffnet worden und schießt meuchlings unsere braven Soldaten nieder. Man hat auf Ärzte, die ihre schwere Pflicht erfüllen und auf Verwundetentransporte geschossen und an hilflosen Verwundeten bestialische Untaten verübt. Nun setzt allem die Krone auf das Haupt die Tatsache, daß Franzosen und Engländer die vom Burenkrieg her berüchtigten Dumdumgeschosse verwenden, eine Handlungsweise, die das Völkerrecht mit Füßen tritt. Es völlig gerechtfertigt, daß die deutsche Heeresleitung dieser ruchlosen Barbarei die strengsten, allerschärfsten Gegenmaßregeln entgegensetzt. Wenn so manches Dorf und so manche blühende Stadt wie z.B. Löwen in Belgien dem Erdboden gleichgemacht wird, so tragen unsere Gegner allein die Schuld. Auf alle Fälle haben wir das gute Recht, Frankreich, England und Belgien aus der Reihe der Kulturvölker auszustreichen. Bei Rußland ist dies nicht nötig, weil es bislang noch kein Kulturvolk war und eigentlich mehr zu Asien als Europa gehört.

In der vorstehend schon erwähnten Schlacht wurden 30.000 Russen gefangen genommen. Wie jetzt berichtet wird, stellt sich dieser Sieg noch als größer dar. Unsere deutschen Truppen nahmen 70.000 Russen, darunter zwei kommandierende Generale und 300 sonstige Offiziere gefangen, vernichteten außerdem 3 russische Armeekorps und das gesamte Artilleriematerial der Russen. Man darf wohl von einem russischen Sedan reden.

Generaloberst von Kluck hat einen durch französische Kräfte unternommenen Versuch eines Flankenangriffs auf Combles durch ein Armeekorps zurückgeschlagen.

Generaloberst von Bülow hat eine überlegene französische Armee bei St. Quentin vollständig geschlagen. Nachdem sie im Vormarsch ein englisches Infantrieregiment gefangen genommen hatte...

Generaloberst von Hausen hat die Gegner auf die Aisne bei Rethel zurückgedrängt.

Die Armee des Herzogs von Württemberg hat bei der Fortsetzung des Übergangs über die Maas den Feind zunächst mit Vortruppen überrascht, mußte dann aber beim Vorgehen stärkerer feindlicher Kräfte wieder über die Maas zurück. Die Armee hat dann die Maasübergänge wieder genommen und befindet sich wieder im Vorgehen gegen die Aisne. Das Fort Lesoyelles hinter dieser Armee ist gefallen.

Der deutsche Kronprinz setzt seinen Vormarsch gegen und über die Maas fort. Nachdem der Kommandant von Montemerdy mit der ganzen Besatzung bei einem Ausfall gefangen genommen wurde, ist die Festung gefallen.

Der Kronprinz von Bayern und Generaloberst von Hausen stehen noch immer im fortgesetzten Kampf im französischen Lothringen.

Nach den neuesten Meldungen hat Generaloberst von Hindenburg in der Schlacht von Gilgenburg-Ortelsburg noch weitere 20.000 Russen gefangen genommen, sodaß die Zahl der Gefangenen auf 90.000 steigt. Anscheinend sind nicht nur 2, sondern 3 russische kommandierende Generäle gefangen. Der russische Armeeführer ist nach russischen Nachrichten gefallen.

Die mittlere Heeresgruppe der Franzosen (etwa 10 Armeekorps) wurde am 1. September zwischen Reims und Verdun von unseren Truppen zurückgeworfen. Die Verfolgung wurde am 2. September fortgesetzt. Ein französischer Vorstoß auf Verdun wurde abgewiesen. Unser Kaiser befand sich während des Gefechts bei der Armee und verblieb die Nacht inmitten der Truppen.

Die einwöchige erbitterte Schlacht im Raum Zmosc (Samostje = Tysjowke) führte am 1. September zum vollständigen Sieg der Armee Staufenberg. Scharen von Gefangenen und bisher 160 Geschütze wurden erbeutet. Die Russen befinden sich im Rückzug über den Bug. Auch bei der Armee Dankl, die nun Lublin bedroht, sind ununterbrochen Erfolge zu verzeichnen. In Ostgalizien ist Lemberg noch in österreichischem Besitz. Gleichwohl ist dort die Lage gegenüber dem starken und überlegenem russischen Vorstoß sehr schwierig. Die Österreicher haben, wie gemeldet wird, 50.000 Russen gefangen genommen und 200 Geschütze erbeutet.

Die Sperrforts Hirson, Les Ayvelles, Condé, La Veré und Laon sind ohne Kampf genommen. Damit befinden sich sämtliche Sperrfestungen im nördlichen Frankreich außer der Festung Maubeuge in deutschen Händen. Gegen Reims ist der Angriff eingeleitet.

Die Kavallerie des Generalobersten von Kluck streift bis Paris. Der Präsident und die Regierung haben Paris verlassen und sich nach Bordeaux begeben.

Reims ist ohne Kampf besetzt worden. Die Siegerbeute der Armeen wird nur langsam bekannt. Bis jetzt (4. September) hat nur die Armee des Generals von Bülow nähere Angaben gemacht. Bis Ende August hat sie 6 Fahnen, 233 schwere Geschütze, 116 Feldgeschütze, 79 Maschinengewehre und 166 Fahrzeuge erbeutet und 12.934 Gefangene gemacht.

Gleich zu Beginn des Krieges hat der kleine Kreuzer Augsburg (Kommandant Franz Fischer) den russischen Kriegshafen Libau in Brand geschossen und dort Minen gelegt. Einige Tage später hat der Bäderdampfer " Victoria Luise" (Kommandant Biermann) an der Themsemündung Minen gelegt und wurde von englischen Kriegsschiffen in den Grund gebohrt. Der Kommandant und einige Matrosen wurden gerettet und gefangen genommen. Bei dieser Gelegenheit geriet der englische Kreuzer "Amphion" auf die Minen und sank. Im Mittelmeer haben etwa gleichzeitig unsere Kreuzer "Göben" und "Breslau" die afrikanischen Hafenplätze Frankreichs beschossen. Als sie im Hafen von Messina von einem deutschen Dampfer Kohle nahmen, wurden sie von der englischen Mittelmeerflotte umzingelt, aber unsere wackeren Blaujacken entkamen bei Nacht der feindlichen Übermacht und fuhren in die Dardanellen ein, weil sie sich offenbar mit der österreichischen Flotte nich t vereinigen konnten. Nun hätten sie nach Völkerrecht dort abgerüstet werden müssen, aber die deutsche Reichsregierung leistete ein Meisterstück, sofern sie beide Kriegsschiffe an die Türkei verkaufte und zwar als Ersatz für die beiden der Türkei gehörigen, aber von England nicht gelieferten Kriegsschiffe. Daß diese große Tat bei allen Mohammedanern der Welt Bewunderung und Verehrung für Deutschland auslöste, läßt sich leicht denken. Die Türkei, welche gegen den Einspruch Englands die Offiziere der deutschen Militärmission behielt, hat dagegen die englischen Marineoffiziere entlassen und die allgemeine Mobilmachung angeordnet. Wenn der Sultan den "Heiligen Krieg" erklärt, dann dürfte das perfide Albion für Indien und Ägypten zittern und mit Grund besorgt sein.

Der kleine Kreuzer "Magdeburg" ist im finnischen Meerbusen im Nebel auf Grund geraten und von seiner Besatzung gesprengt worden, um ihn nicht in russische Hände gelangen zu lassen. Der größte Teil der Besatzung konnte vom Torpedoboot V 26 gerettet werden. In einem Seegefecht bei Helgoland haben unsere Seeleute mit einem wundervollen Heldenmut dem Tod ins Auge gesehen. Nachdem unsere "Ariadne" im Kampf gegen eine erdrückende Übermacht sank, haben Engländer die Besatzung in ritterlicher Weise aus den Fluten gerettet, die Boote mit den Geretteten aber sind kurz darauf wieder in deutsche Hände gegangen. Bei diesem Kampf verloren wir noch die kleinen Kreuzer "Mainz" und "Köln" und das Torpedoboot V 187. Die englischen Schiffe haben nach englischen Mitteilungen schwere Beschädigungen erlitten. Dies ist noch keine große Niederlage, aber ernst ist es doch. Unsere liebe junge Flotte geht einen schweren Gang. Wir wissen aber, daß alle deutschen Herzen bei ihr sind und daß unsere Blaujacken darauf brennen, ihre Tüchtigkeit zu beweisen. Leider wurde am 29. August auch in der Heimat einer besten Marineoffiziere, Konteradmiral Dünhardt, durch einen Automobilunfall der Arbeit im Marineamt entrissen.

Nicht amtlich wird noch mitgeteilt, daß die vereinigten deutschen Kriegsschiffe, die sich in den verschiedenen Ozeanen befinden, so der englischen Handelsflotte zu schaffen machen, daß die Kriegsversicherung der Handelsschiffe jetzt 30 – 40% des Wertes beträgt, eine ungeheuere Belastung für das erste Handelsvolk der Welt.

England versucht offenbar den Krieg in die Länge zu ziehen, um sein spezielles Ziel zu erreichen, das darin gipfelt, unseren Überseehandel zu vernichten und unsere besten Kolonien an sich zu reißen. Ob dabei Frankreich und Rußland immer tiefer in das Unglück kommen, dürfte dem englischen Krämergeist ziemlich gleichgültig sein. Es klingt fast wie eine Ironie des Schicksals, daß das selbe England, das uns die Japaner auf den Hals hetzte, jetzt schon mit einiger Sorge auf die Habgier Japans blickt, das seine verschmitzten Blicke bereits auch auf einige deutsche Kolonialländer geworfen haben soll. Der alte Göthe sagt schön: "die ich rief, die Geister, wird ich nun nicht los." Wie man in der Presse lesen kann, sollen japanische Landtruppen unterwegs sein, um in Europa gegen Deutschland zu kämpfen. So hat es das tapfere England noch immer gemacht, es ließ andere Völker für sich und seine Interessen k&au ml;mpfen und bluten. Leider fand und findet es auch stets solche Völker, die ihm die Kastanien aus dem Feuer holen. Das ist himmelweit entfernt von echt germanischem Geist und was England jetzt tut, kann es vor Gott und Menschen nicht verantworten, wird es aber vor dem Forum der Weltgeschichte verantworten müssen. Wie recht handelt unser geliebter Kaiser, als er sofort nach Englands Kriegserklärung die Würde eines englischen Admirals und Generalfeldmarschalls niederlegte! Es ist bezeichnend, daß der Herzog von Coburg-Gotha die Würde eines Chefs eines englischen Regiments niederlegte, obgleich er selbst Engländer ist. Hochachtung vor unseren deutschen Gelehrten, daß sie auf alle englischen Auszeichnungen und die daraus sich ergebenden Berechtigungen verzichteten! Hochachtung vor den deutschen Staatsmännern und hohen Offiziere wie der Chef des "Großen Generalstabs" von Moltke, daß sie ihre englischen und russischen Orden ablegen und zum Verka uf stellen, damit aus diesem Erlös das "Deutsche Rote Kreuz" einen Vorteil zieht! Vorstehend schrieb ich von dem ritterlichen Verhalten englischer Seeleute. Bei den englischen Söldnern zu Lande herrscht offenbar ein anderer Geist, welcher jeden Kulturmenschen mit Abscheu und Ekel erfüllt. Am 5. September wird dem Stettetiner Generalanzeiger von seinem Berichterstatter geschrieben, daß in Mons etwa 300 gefangene Engländer vorgeführt wurden. Dabei wurde ihnen von dem Major bekanntgegeben, welche unglaublichen Unmenschlichkeiten und Grausamkeiten sich die Träger der britischen Nationalität gegen unsere braven Truppen und vor allem gegen unsere Verwundeten haben zu schulden kommen lassen. Nicht genug, daß sie Nicht genug, daß sie die Hände aufheben, die weiße Fahne schwenken, um beim Herannahen unserer Truppen hinterrücks zu schießen. Viel schlimmer sind die Greueltaten gegen unsere Verwundeten. Das sind amtlich beglaubigte Tats achen von der Schande Englands.

Das englische offizielle Pressebüro teilt mit, daß das englische Torpedoboot "Speedy", gebaut 1893, ferner das Dampfboot "Lindsell" auf Minen an der englischen Ostküste gestoßen und gesunken sind. Der Daily Telegraph berichtet, daß außer dem bereits bekannten Verlust der Grimmsby-Boote noch der Verlust folgender Boote, die anscheinend auf Minen gelaufen sind, zu befürchten ist: "Agorant", "Castor," "Ricles", "Loblia" und "Ajax", von denen Rettungsgürtel und zahlreiche Schiffstrümmer in der Nordsee gesichtet wurden. Der englische Dampfer "Holmwood" (4.400 Tonnen) wurde nach einer Timesmeldung von dem deutschen Zerstörer Dresden an der brasilianischen Küste in Grund gebohrt. Nach einer Londoner Meldung gibt die dortige Admiralität offiziell bekannt, vier deutsche Torpedoboote hätten am 5 September 15 englische Fischdampfer in der Nordsee samt La dung gekapert und nach Wilhelmshaven gebracht. Nichtamtlich meldet die südslawische Korrespondenz aus Konstantinopel: Wie aus unterrichteter Stelle verlautet, liegt im Hafen von Alexandria ein schwer beschädigter englischer Zerstörer, der deutliche Spuren einer Beschießung aufweist. Außerdem liegen dort ein zweiter englischer Kreuzer, ein Torpedojäger und zwei Torpedoboote, die nach Port Said flüchteten, in Reparatur. Die am 7. September in Berlin eingetroffene Times vom 2. September enthält eine Nachtragsverlustliste der Admiralität, in der Namen der geschützten Kreuzer "Arethuse", "Oarkness", sowie der Torpedobootzerstörer "Druit", "Laertes" und "Phönix" enthalten sind. Der "Nieuwe Rotterdamsche Courant" meldet, der englische Kreuzer "Pathfinder" sei auf dem Weg von Tyne nach Newcastle auf eine Mine gelaufen und gesunken. Viele Menschen seien dabei umgekommen. Nach diesen Meld ungen, die vielleicht noch nicht die ganze Wahrheit enthüllen, läßt sich die englische Furcht vor der deutschen Flotte gut verstehen.

Den unglaublichen Lügen unserer Gegner ist nur schwer beizukommen, da wir von fast allem Außenverkehr abgeschnitten sind. Nun bringt die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" folgende Mitteilung des Reichskanzlers an die Vertreter der "Unitedpress" und der "Associatedpress":

"Großes Hauptquartier, 2. September " Wer das vom Reichskanzler am 3. August dem Reichstag vorgelegte Weißbuch über den Kriegsausbruch mit diesen Worten des Reichskanzlers vergleicht, der weiß, mit welchem verlogenen Frieden wir zu kämpfen haben.

Ich weiß nicht, was man in Amerika über diesen Krieg denkt. Ich nehme an, daß dort der Telegrammwechsel des Kaisers mit dem Kaiser von Rußland und dem König von England bekannt geworden ist, der unwiderleglich die Vorgeschichte und das Zeugnis dafür ablegt, wie der Kaiser bis zum letzten Augenblick bemüht gewesen ist, den Frieden zu erhalten. Diese Bemühungen aber mußten vergeblich bleiben, da Rußland unter allen Umständen zum Krieg entschlossen war und England, das durch Jahrzehnte hindurch, den deutschfeindlichen Nationalismus in Rußland und Frankreich ermutigt hatte, die glänzende Gelegenheit, die sich ihm bot, die so oft betonte Friedensliebe zu bewähren, ungenützt vorübergehen ließ, sonst hätte wenigstens der Krieg Deutschlands mit Frankreich und England vermieden werden können. Wenn sich einmal die Archive öffnen, so wird die Welt erfahren, wie oft Deutschland England die freund schaftliche Hand entgegenstreckte, aber England wollte die Freundschaft mit Deutschland nicht. Eifersüchtig auf die Entwicklung Deutschlands und im Gefühl, daß es durch deutsche Tüchtigkeit und deutschen Fleiß auf manchen Gebieten überflügelt werde, wünschte es, Deutschland mit roher Gewalt niederzuwerfen, wie es in seiner Zeit Spanien, Holland und Frankreich niederwarf. Diesen Moment hielt es jetzt für gekommen und so bot ihm der Einmarsch deutscher Truppen in Belgien den willkommenen Vorwand, am Kriege teilzunehmen. Zu diesem Einmarsch aber war Deutschland gezwungen, weil es dem beabsichtigen französischen Vormarsch zuvorkommen mußte und Belgien nur auf diesen wartete, um sich Frankreich anzuschließen. Daß es für England nur ein Vorwand war, beweist die Tatsache, daß Grey bereits am 2. August nachmittags, also bevor die Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland erfolgt, dem französischen Botschafter die Hilfe Englands bedingungslos für den Fall zusicherte, daß die deutsche Flotte die französische Küste angreife. Moralische Skrupel aber kennt die englische Politik nicht. Und so hat das englische Volk, das sich stets als Vorkämpfer für Freiheit und Recht gebärdete, sich mit Rußland, dem Vertreter der furchtbarsten Despotismus, verbündet, mit einem Lande, das keine geistige, keine religiöse Freiheit kennt, das die Freiheit der Völker wie Individuen mit Füßen tritt. Schon beginnt England einzusehen, daß es sich verrechnet hat und daß es seiner Feinde Herr werden wird.

Daher versucht es denn mit den kleinlichsten Mitteln Deutschland wenigstens nach Möglichkeit in seinem Handel und seinen Kolonien zu schädigen, indem es, unbekümmert um die Folgen für die Kulturgemeinschaft der weißen Rasse, Japan zu einem Raubzug gegen Kiatschou aufhetzt und die Neger in Afrika zum Kampf gegen die Deutschen in den Kolonien führte. Nachdem es den Nachrichtendienst Deutschlands in der ganzen Welt unterbunden, den Feldzug mit einer Lüge gegen uns eröffnet, so wird es Ihren Landsleuten erzählen, daß die deutschen Soldaten belgische Dörfer und Städte niedergebrannt haben, ihnen aber verschweigen, daß die belgischen Häscher wehrlosen Verwundeten auf den Schlachtfeldern die Augen ausgestochen haben. Beamte belgischer Städte haben unsere Offiziere zum Essen eingeladen und über den Tisch hinüber erschossen. Gegen alles Völkerrecht wurde die ganze Bevölkerung Belgien aufgeboten, die in dem Rücken unserer Truppen nach anfänglichem freundlichem Empfang mit versteckten Waffen eine grausame Kampfesweise erhob. Belgische Frauen durchschnitten den Soldaten, die sie in Quartier aufgenommen und die sich zur Ruhe gelegt hatten, die Hälse. England wird auch nichts von den Dumdumgeschossen erzählen, die von den Engländern und Franzosen trotz aller Abkommen und heuchlerisch verkündeter Humanität verwendet werden und die Sie hier in Originalpackung einsehen können, so wie sie bei englischen und französischen Gefangenen gefunden worden.

Der Kaiser hat mich bevollmächtigt, all dies zu sagen und zu erklären, daß er volles Vertrauen in das Gerechtigkeitsgefühl des amerikanischen Volkes hat, das es sich durch den Lügenkrieg, den unsere Gegner gegen uns führen, nicht täuschen lassen wird. Wer seit dem Ausbruch des Krieges in Deutschland gelebt hat, hat die große moralische Volkserhebung der Deutschen, die, von allen Seiten bedrängt, zur Verteidigung ihres Rechts auf Existenz ins Feld ziehen, selbst beobachten können, und weiß, daß dieses Volk keiner unnötigen Grausamkeit und keiner Roheit fähig ist. Wir werden siegen, dank der moralischen Wucht, die die gerechte Sache unseren Truppen gibt und schließlich werden auch die größten Lügen unsere Siege so wenig wie unser Recht verdunkeln können.

Übrigens hat auch der Kaiser am 8. September einen flammenden Protest an Präsident Wilson gerichtet, der sich gegen die abscheuliche, grausame und völkerrechtswidrige Kriegführung unserer Feinde richtet und die gleichen entsetzlichen Tatsachen berührt wie die vorerwähnte Aufklärung des Reichskanzlers.

Am 7. September hat die Festung Maubeuge kapituliert. 40.000 Gefangene, darunter 4 Generäle, 400 Geschütze und zahlreiches Kriegsgerät, zu dem vermutlich und hoffentlich der englische Kriegsvorrat gehört, fielen in deutsche Hände.

Bei Mitrowitza wurden die Serben, welche österreichisches Gebiet zu betreten suchten, von den Ungarn umzingelt und völlig geschlagen. Von den Serben wurden etwa 5.000 Mann, darunter 60 Offiziere, gefangen genommen, ebensoviel wurden niedergemacht oder ertranken in der Save während der Flucht. Brav so, ihr treuen Bundesgenossen an der Donau!

Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Dr. Ludwig Frank-Mannheim, der sich mit dem Professor der Nationalökonomie von Schultze-Gäveroitz – Freiburg i. B. als Kriegsfreiwilliger zur Front begeben hatte, ist in französisch Lothringen den Heldentod gestorben und liegt mit zwei Landwehrmännern aus Mannheim bei Baccarat begraben. In einem Brief gibt er als Motiv seiner Meldung zum Kriegsdienste an, durch die Tat zu zeigen, daß der Beschluß der sozialdemokratischen Partei vom 4. August nicht taktischen, äußeren Gründen, sondern einer inneren Notwendigkeit entsprungen war, daß es der Partei also mit der Pflicht zur Verteidigung der Heimat ernst ist. Diese durch die Tat besiegelten Worte des tapferen Mannes lassen hoffen, daß diese ernste, schwere Zeit für Deutschland auch eine innerpolitische Wiedergeburt bedeutet. Wie verlautet, hat die Heeresleitung die Erlaubnis der Überführung der Leiche Franks nach Mannheim geg eben.

Nach amtlicher Mitteilung vom 10. September hat Generaloberst von Hindenburg mit dem Ostheer den linken Flügel der noch in Ostpreußen befindlichen Armee geschlagen und sich dadurch den Zugang in den Rücken des Feindes geöffnet. Der Feind hat den Kampf aufgegeben und befindet sich in vollem Rückzug. Das Ostheer folgt ihm in nordöstlicher Richtung gegen den Njemen.

Nach amtlicher Meldung am gleichen Tag hat der deutsche Kronprinz am 10. September mit seiner Armee die befestigte feindliche Stellung südwestlich von Verdun genommen. Teile der Armee greifen die südlich von Verdun liegenden Sperrforts an. Die Forts werden seit dem 9. September durch schwere Artillerie beschossen.

Unsere deutschen Heere haben den aus Paris und zwischen Meaux und Montmirail überlegenen feindlichen Kräften schwere Verluste beigebracht und 50 Geschütze und einige Tausend Gefangene abgenommen. Dann wurden unsere Kolonnen zurück genommen, ohne daß der Feind nachzurücken vermocht.

Die österreichische Armee hat zwischen Grabowitsch und Neotkowitsch über die Serben einen glänzenden Sieg errungen und mehr als 6.000 Gefangene gemacht.

Nach amtlichen Meldungen vom 11. September hat das 22. russische Armeekorps versucht, über Lyck in den oben angeführten Kampf in Ostpreußen einzugreifen. Es wurde jedoch bei Lyck geschlagen.

Der Kriegsberichterstatter der "Vossischen Zeitung" berichtet über die Unmenschlichkeit russischer Heerführer folgendes:

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Der russische Generalissimus habe den Befehl gegeben, alle Dörfer der Romintener Heide aufzuheben und erschießen zu lassen,

2. Der inzwischen gefangene General Martos habe befohlen, alle Ortschaften im Bereich der russischen Truppen zu verbrennen und alle männlichen Einwohner zu erschießen, auch wenn sie sich nicht an den Kämpfen beteiligt haben, noch die Hergabe von Nahrungsmitteln verweigern.

 

 

 

 

 

 

 

 

Man darf erwarten, daß diese Bestien, falls sie in Gefangenschaft geraten, als Verbrecher behandelt werden.

Nach amtlicher Meldung vom 13. September hat die Armee des Generalobersten von Hindenburg die russische Armee nach mehrtägigen Kämpfen vollständig geschlagen. General von Hindenburg hat in der Verfolgung bereits die Grenze überschritten. Die russische Armee flieht in voller Auflösung. Bisher hat sie mindestens 150 Geschütze und 20.000 bis 30.000 unverwundete Gefangene verloren. Außerdem sind Maschinengewehre, Flugzeuge und Fahrzeuge aller Art erbeutet worden. Die Kriegsbeute steigert sich fortgesetzt. Das Telegramm des deutschen Kaisers an Präsident Wilson erwähnte ich schon früher, um die Kampfesweise unserer Gegner ins rechte Licht zu rücken. Frankreichs Präsident Poincaré, ein Virtous in der Lügenkunst, berichtet nun an den Präsidenten Wilson, daß nicht die Franzosen, sondern die Deutschen Dum-Dum Geschosse gebraucht hätten. Der deutsche Kronprinz hatte dem Kommandanten von Longwy wegen tapferer Ver teidigung dieser Festung den Degen gelassen. Als er aber in Longwy Tausende von Dum-Dum Geschossen fand, die durch eine besondere Regierungswerkstätte hergestellt waren, gab er mit recht den Befehl, daß dem Kommandanten von Longwy der Degen abgenommen wurde. Der Lügerei Poincarés gegenüber führe das Telegramm Wilhelm II. an Wilson, welches die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" am 8. September veröffentlicht, wörtlich an;

"Ich betrachte es als meine Pflicht, Herr Präsident, Sie als den hervorragendsten Vertreter der Grundsätze der Menschlichkeit zu benachrichtigen, daß bei der Einnahme der Festung Longwy meine Truppen dort Tausende von Dum-Dum Geschossen entdeckt haben, die durch eine besondere Regierungswerkstätte hergestellt waren; ebensolche Geschosse wurden bei verwundeten Soldaten und Gefangenen, auch bei britischen Truppen gefunden. Es ist bekannt, daß solche Geschosse grausame Verletzungen verursachen und ihre Anwendung durch die Grundsätze des internationalen Rechts streng verboten ist. Ich richte daher an Sie den flammenden Protest gegen diese Art der Kriegführung, welche dank der Methoden unserer Gegner eine der barbarischsten geworden ist, die man in der Geschichte kennt. Nicht nur haben dieselben diese grausame Waffe angewendet, sondern die Regierung hat die Teilnahme der belgischen Zivilbevölkerung auch offen geduldet und seit langem sorgfä ltig vorbereitet. Die von Frauen und Kindern und Geistlichen in diesem Guerillakrieg begangenen Grausamkeiten auch an verwundeten Soldaten, Ärztepersonal und Pflegerinnen (Ärzte wurden getötet, Lazarette durch Gewehrfeuer angegriffen) waren derartig, daß meine Generäle sämtlich gezwungen waren, die ärgsten Mittel zu ergreifen, um die schuldigen zu bestrafen und die blutdürstige Bevölkerung von der Fortsetzung ihrer fürchterlichen Mord- und Schandtaten abzuschrecken. Manches berühmte Bauwerk und selbst die alte Stadt Löwen mit Ausnahme des schönen Stadthauses mußte in gerechter Selbstverteidigung und zum Schutze meiner Truppe zerstört werden. Mein Herz blutet, da solche Maßregeln unvermeidlich geworden sind und wenn ich an die zahllosen unschuldigen Leute denke, die ihr Leben und ihr Eigentum verloren haben infolge des barbarischen Betragens jener Verbrecher."

Gez. Wilhelm I.R.

Inzwischen hat sich herausgestellt, daß zu Glück nur ein kleiner Teil von Löwen zerstört worden ist. Aber ein Hohenzoller lügt nicht.

Von der Verlogenheit auch der Engländer sprach ich schon. Sie wird illustriert durch folgende Erklärung unseres Reichskanzlers, die laut Mitteilung aus Kopenhagen vom 13. September an Ritz aus Burnau geschickt wurde:

"Der englische Premierminister hat in der Guilthall in einer Rede für England die Rolle des Beschützers der kleineren, schwächeren Staaten in Anspruch genommen und von der Neutralität Belgiens, Hollands und der Schweiz gesprochen, die von Deutschland gefährdet sei. Es ist zwar richtig, wir haben Belgiens Neutralität verletzt, weil bittere Not uns zwang, aber wir hatten Belgien volle Integrität und Schadloshaltung zugesagt, wenn es mit dieser Notlage rechnen wollte. Belgien wäre ebenso wenig etwas geschehen wie z. B. Luxemburg. Hätte England als Beschützer der schwächeren Staaten Belgien unendliches Leid ersparen wollen, dann es ihm den Rat erteilen müssen, unser Anerbieten anzunehmen. Geschützt hat es unseres Wissens Belgien nicht. Ist also England wirklich ein so selbstloser Beschützer? Wir wissen genau, daß der französische Kriegsplan den Durchmarsch durch Belgien zum Angriff auf die ungeschützt en Rheinlande vorsah. Gibt es jemand, der glaubt, England würde dann zum Schutze der belgischen Freiheit gegen Frankreich eingeschritten sein? Die Neutralität Hollands und der Schweiz haben wir streng respektiert und auch die geringste Grenzüberschreitung des niederländischen Limburgs ist peinlichst vermieden."

Es ist auffällig, daß Asquith nur Belgien, Holland und die Schweiz, nicht aber die skandinavischen Länder erwähnt. Die Schweiz mag er genannt haben im Hinblick auf Frankreich. Holland und Belgien aber liegen England gegenüber an der anderen Küste des Kanals. Darum ist England um die Neutralität dieser Länder so besorgt. Warum schweigt Asquith von den skandinavischen Ländern? Vielleicht, weil er weiß, daß es uns nicht in den Sinn kommt, die Neutralität dieser Länder anzutasten. Oder sollte England etwa für einen Vorstoß in die Ostsee oder für die Kriegführung Rußlands die dänische Neutralität doch nicht für ein noli me tangere halten?

Asquith will glauben machen, daß ein Kampf gegen uns ein Kampf der Freiheit gegen die Gewalt sei. An die Ausdrucksweise ist die Welt gewöhnt. Im Namen der Freiheit hat England mit Gewalt und einer Politik des rücksichtslosen Egoismus sein gewaltiges Kolonialreich begründet, im Namen der Freiheit hat es noch um die Wende dieses Jahrhunderts die Selbständigkeit der Burenrepubliken vernichtet, im Namen der Freiheit behandelt es jetzt Ägypten unter Verletzung internationaler Verträge und eines feierlich gegebenen Versprechens als englische Kolonie. Im Namen der Freiheit verliert einer der malayischen Schutzstaaten nach dem anderen seine Selbständigkeit zu Gunsten Englands. Im Namen der Freiheit sucht es durch Zerschneidung der deutschen Kabel, zu verhindern, daß die Wahrheit in die Welt dringt.

Der englische Ministerpräsident irrt sich. Seit England sich mit Rußland und Japan gegen Deutschland verband, hat es in einer der Geschichte der Welt einzig dastehenden Verblendung die Zivilisation verraten und die Sache der Freiheit der europäischen Völker und Staaten dem deutschen Schwerte zur Wahrung übertragen.

Gez. von Bethmann-Hollweg

Diese Sprache ist deutlich, aber restlos richtig. Das Schuldkonto Englands ist im Laufe der Jahrhunderte stark angewachsen.

Die Verschwörung gegen Deutschland und Österreich-Ungarn. Der Bericht des belgischen Gesandten in St. Petersburg an seine Regierung in Brüssel vom 30. Juli 1914:

Unsere verbündeten Gegner sind sich in der Lügenfabrikation völlig einig ebenbürtig. Sie haben ihren eigenen Völkern und der ganzen Welt die schamlose Lüge aufgetischt, daß Deutschland den Krieg vom Zaun gebrochen und sie überfallen habe. Nun hat es ein günstiger, freundlicher Zufall gewollt, daß auf völlig legalem, einwandfreiem Wege uns der Bericht des belgischen Gesandten in Petersburg an seine Regierung in Brüssel über die politische Lage am 30. Juli in die Hände gefallen ist. Als wertvolles Dokument für die Wahrheit führe ich diesen Bericht hier wörtlich an:

"Belgische Gesandschaft St. Petersburg 795/402, den 30. Juli 1914, die politische Lage. An seine Exzellenz Herrn Davignon, Minister der Auswärtigen Angelegenheiten:

Herr Minister! Der gestrige und vorgestrige Tag vergingen in der Erwartung von Ereignissen, die der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien folgen mußten. Die widersprechensten Nachrichten wurden verbreitet, ohne daß es möglich gewesen wäre, bezüglich der Absichten der russischen kaiserlichen Regierung Wahres von Falschem genau zu unterscheiden. Unbestreitbar bleibt nur, daß Deutschland sich hier ebenso sehr wie in Wien bemüht hat, irgend ein Mittel zu finden, um einen allgemeinen Konflikt zu vermeiden, daß es aber dabei einerseits auf die feste Entschlossenheit des Wiener Kabinetts gestoßen ist, keinen Schritt zurückzuweichen und andererseits auf das Mißtrauen des Petersburger Kabinetts gegenüber den Versicherungen Österreich-Ungarns, daß es nur an eine Bestrafung, nicht an eine Besitzergreifung Serbiens denke. Herr Sasanow hat erklärt, daß es für Rußland unmöglich sei, sich nicht bereit zu halten und nicht zu mobilisieren, daß aber diese Vorbereitungen nicht gegen Deutschland gerichtet seien. Heute morgen verkündigen offizielle Communiques an, daß die Reservisten einer bestimmten Zahl von Gouvernements zu den Fahnen gerufen sind. Wer die Zurückhaltung der offiziellen russischen Communiques kennt, kann ruhig behaupten, daß überall mobil gemacht wird. Der deutsche Botschafter hat heute Morgen erklärt, daß er am Ende seiner seit Samstag ununterbrochen fortgesetzten Ausgleichsbemühungen angelangt sei und daß er kaum noch Hoffnung habe. Wie mir eben mitgeteilt wird, hat sich auch der englische Botschafter im gleichen Sinne ausgesprochen. England hat letzthin einen Schiedsspruch vorgeschlagen; Herr Sasanow antwortete: Wir selbst haben ihn Österreich vorgeschlagen, es hat den Vorschlag aber zurückgewiesen. Auf den Vorschlag einer Konferenz hat Deutschland mit dem Vorschlag einer Verständigung zwischen den Kabin etten geantwortet. Man möchte sich wahrhaftig fragen, ob nicht alle Welt den Krieg wünscht und nur versucht, die Kriegserklärung noch etwas hinauszuschieben, um Zeit zu gewinnen. England gab anfänglich zu verstehen, daß es sich nicht in einen Konflikt hineinziehen lassen wolle. Sir George Buchanan sprach das offen aus. Heute aber ist man in St. Petersburg fest davon überzeugt, ja man hat sogar die Zusicherung, daß England Frankreich bestehen wird. Dieser Beistand fällt ganz außerordentlich ins Gewicht und nicht wenig dazu beigetragen, der Kriegspartei Oberwasser zu verschaffen. Die russische Regierung hat in den letzten Tagen allen serbenfreundlichen und allen österreichfeindlichen Kundgebungen freien Lauf gelassen und hat in keiner Weise versucht, sie zu ersticken. In dem Ministerrat, der gestern früh stattfand, machten sich noch Meinungsverschiedenheiten geltend. Die Bekanntgabe der Mobilisierung wurde verschoben. Aber seitdem ist ein Umschwung eing etreten: Die Kriegspartei hat die Oberhand.

 

 

Kullmanns Dolchstoßlegende:

"In den ersten Tagen des November 1918 brach in Deutschland die Revolution aus, die zweifellos von langer Hand vorbereitet war. Sie trat zunächst in Kiel in Erscheinung, wo die Matrosen meuterten, dann in München, Hamburg und Berlin, sowie in allen Städten Deutschlands.

Sie ist bis jetzt ohne Menschenopfer verlaufen, wenn es auch Menschenleben gekostet hat. Es wurden Arbeiter- und Soldatenräte gebildet, denen sich selbst die obersten Heeresleiter unterwerfen mußten. Die Gefängnisse und die Zuchthäuser wurden geöffnet, dagegen wurden der Kaiser und alle deutschen Fürsten abgesetzt. Unsere Feinde haben uns Waffenstillstandsbedingungen unterlegt, welche der deutschen Ehre ins Gesicht schlagen. Dementsprechend wird sich auch der Friede gestalten. So vollziehen sich in diesen Tagen zwei Tatsachen, die kaum in der Geschichte zum zweiten Male vorgekommen sind:

  

 

1. Ein in Feindesland stehendes, siegreiches Heer kapituliert,

2. Ein von allen Seiten siegreiches und überfallenes Volk wird als frecher Angreifer und Ruhestörer hingestellt und für sein Unrecht entsprechend bestraft, während es sich geschichtlich nachweisen läßt, daß die Sache gerade umgekehrt lag.

 

 

 

Mehr müßte der Berichterstatter nicht aussagen und nur noch ausrufen: `Armes Deutschland.` In diesen beiden Worten liegt Deutschlands Zukunft beschlossen, und leider muß der Berichterstatter bekennen: dieses harte Geschick trifft Deutschland nicht unverdient. Wucher, Lug und Trug und elende Feigheit schossen aus dem Kraut. Mag auch die wirtschaftliche Notlage für viele der schlimme Versucher gewesen sein, so fehlte es zweifellos in den meisten Fällen an dem sittlichen Ernst, den allein ehrliches, pflichtbewußtes Christentum zu geben vermag. In diesem Zusammenhang muß der Berichterstatter der Wahrheit gemäß bekennen, daß sich die Gemeinde Berstadt mit wenigen bedauerlichen Ausnahmen wacker und tapfer geschlagen hat. Möge Gott unserem Volke gnädig sein."

 

 

 

Eugen Rieß

 

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